Die Krise im Wohnungsbau dauert fort und dominiert daher auch die Gespräche um Reformen des Baurechts.
Im November 2023 hatte das Bauministerium den spektakulären Entwurf eines § 246e BauGB vorgelegt, welcher Befreiungen zugunsten des Wohnungsbaus selbst im Außenbereich zulassen sollte. Der Entwurf wurde insbesondere stadtplanerisch sowie rechtlich scharf kritisiert und führte zu erheblichem Streit während des Gesetzgebungsverfahrens. Diese Regelung findet sich in den Entwürfen der Novelle des Baugesetzbuchs nicht mehr.
Stattdessen sollen im Bereich von Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich insbesondere Nachverdichtungen erleichtert zugelassen werden.
Im Einzelnen:
Reform des § 31 Abs. 3 BauGB
Statt der Einführung neuer Befreiungsmöglichkeiten soll die Regelung des § 31 Abs. 3 BauGB, welche durch das sogenannte Baulandmobilisierungsgesetz 2021 in das BauGB aufgenommen worden war, angepasst werden. Der Gesetzgeber reagiert, indem er die Möglichkeit schaffen möchte, bei Bauvorhaben, welche das zulässige Maß der Nutzung überschreiten (insbesondere Aufstockungen), vom Einzelfallerfordernis abzuweichen.
Anders als im Entwurf des § 246e BauGB noch vorgesehen, soll für die Erteilung entsprechender Befreiungen keine Mindestanzahl von Wohnungen mehr erforderlich sein. Auch wird die Geltungsdauer von Verordnungen, mit denen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt festgestellt wird, entfristet. Weiter ist vorgesehen, dass Gemeinden den Inhalt von nach § 31 Abs. 3 BauGB erteilten Befreiungen zukünftig veröffentlichen müssen.
Eine Reform von § 31 Abs. 3 BauGB ist aus unserer Sicht dringend erforderlich. Insbesondere in Ballungsräumen finden Befreiungen aufgrund des Baulandmobilisierungsgesetzes aufgrund des vom Gesetzgeber geforderten Einzelfallerfordernisses nur selten Anwendung.
Zugleich ist zu beachten, dass die erleichterte Anwendbarkeit von § 31 Abs. 3 BauGB nicht bei Nutzungsänderungen oder Befreiungen von der zulässigen Art der Nutzung gelten soll.
Neben der vorgestellten sinnvollen Ergänzung halten wir es daher für geboten, den Einzelfall im Gesetz dahingehend zu definieren, dass ein Einzelfall auch mehrere Fälle erfassen kann, soweit die Schwelle des Planungserfordernisses nicht überschritten wird. Dies würde auch dazu führen, dass vermehrt Umnutzungen von Gewerbeimmobilien zu Wohnzwecken zugelassen werden können.
Erleichtere Zulassung im Bereich des unbeplanten Innenbereichs
Die Hälfte der in Deutschland erteilten Baugenehmigungen für Wohnungsbauvorhaben entfällt auf Flächen, deren Bebaubarkeit nach den Vorschriften des § 34 BauGB zu beurteilen ist.
Der Gesetzgeber reagiert darauf, und möchte durch Anpassungen in § 34 Abs. 3a BauGB zukünftig die Möglichkeit eröffnen, dass auch die Erweiterung von Nichtwohngebäuden (z.B. Aufstockungen von Supermärkten) sowie die Errichtung von Wohngebäuden zugelassen werden können, selbst wenn sich diese nach dem Maß der Nutzung nicht einfügen.
Zu beachten ist, dass die Lage in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt keine Anwendungsvoraussetzung für das Absehen des Erfordernisses des Einfügungsge-bots sein soll.
Kerngebiete können zukünftig auch dem Wohnen dienen
Durch eine Änderung in § 7 BauNVO soll es zukünftig möglich sein, in Bebauungsplänen festzusetzen, dass Kerngebiete auch dem Wohnen dienen können. Eine entsprechende Festsetzung soll bewirken können, dass in Kerngebieten und damit typischen Innenstadtlagen deutlich höhere Anteile an Wohnnutzung zulässig sein können.
Bewertung:
Die Grundrichtung der Entwürfe ist eindeutig: Es soll nachverdichtet und in die Höhe gebaut werden. Darin wird auch deutlich, worin ein weiterer Anlass zur Novellierung des Baugesetzbuchs liegt: der Veränderung der klimatischen Bedingungen. Die Entwürfe der Novellierungen von Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung sind dabei im Zusammenhang mit der Überarbeitung der TA Lärm sowie den Reformen der Landesbauordnung zu sehen.
Ob diese ihre erhoffte Schlagkraft für eine Wiederbelebung des Wohnungsbaus entwickeln, hängt auch davon ab, dass die für die zu erteilenden Genehmigungen zuständigen Behörden über eine quantitativ und qualitativ hinreichende Ausstattung an Personal und Ressourcen verfügen und die Vorschriften im Sinne des Bundesgesetzgebers anwenden.