BauGB-Novelle III: Novellierung der BauNVO - Oberthür & Partner

BauGB-Novelle III: Novellierung der BauNVO

Mit den vorgesehenen Änderungen des Baugesetzbuches gehen auch Anpassungen in der Baunutzungsverordnung einher. So besteht ein Regelungszusammenhang insbesondere im Hinblick auf eine stärkere Abbildung des Zieles der Nutzungsmischung durch die beabsichtigte Streichung der Baugebiete „Kleinsiedlungsgebiete“ und „Reine Wohngebiete“ sowie die Aufnahme der Nutzungsart „Musikclubs“. Weiter soll das Wohnen im Kerngebiet gestärkt werden.

Streichung der Kleinsiedlungsgebiete und Reinen Wohngebiete

Die Streichung der Kleinsiedlungsgebiete passt die Baunutzungsverordnung an die heutigen Lebensverhältnisse an. Das Kleinsiedlungsgebiet ist ein Auslaufmodell und wird in der Praxis nicht mehr festgesetzt. Die Festsetzung von Reinen Wohngebieten findet in der Praxis zwar noch statt, allerdings ist der Baugebietstyp im Grundsatz nicht mit aktuellen stadtentwicklungspolitischen Zielen vereinbar. Zu einer nachhaltigen Flächen- und Bodenpolitik gehören insbesondere kompakte Siedlungsstrukturen sowie gemischte Nutzungen in den Quartieren. Kleinsiedlungsgebiete und Reine Wohngebiete können in neuen Bebauungsplänen nicht mehr ausgewiesen  werden, dies hat aber keine Auswirkungen auf bestehende Bebauungspläne. Die Zulässigkeit von Vorhaben in faktischen Reinen Wohngebieten gemäß § 34 Abs. 2 BauGB richten sich künftig nach § 4 BauNVO. Gleiches dürfte auch für die Zuordnung des „besonders geschützten Wohngebiets“ in Hamburgischen Baustufenplänen gelten.

Die Aufgabe der Kleinsiedlungsgebiete ist aufgrund der fehlenden Praxisrelevanz zu begrüßen. Das reine Wohngebiet als eigene Baugebietskategorie entspricht mit seiner einseitigen Nutzungsstruktur nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemäße Stadtentwicklungspolitik. Durch den Entfall des Reinen Wohngebiets wird der Plangeber dazu angehalten, Baugebiete mit einer gemischten Nutzung und einem höheren Maß der baulichen Nutzung festzusetzen. Neben dem Reinen Wohngebiet entfällt auch der für dieses in Bezug auf die Immissionsrichtwerte der TA Lärm und der 18. BImSchV derzeit vorgesehene erhöhte Schutzanspruch von 5 dB(A), so dass künftig eine gemischte Nutzung in an Allgemeine Wohngebiete angrenzenden Baugebieten einfacher umzusetzen sein wird.

Stärkung des Wohnens im Kerngebiet

Mit der Änderung in § 7 BauNVO-E können Kerngebiete zukünftig auch dem Wohnen dienen, soweit der Bebauungsplan dies festsetzt.

Die Zulassungen von Wohnungen in Kerngebieten durch Festsetzungen in Bebauungsplan ermöglicht auch schon die geltende Rechtslage in § 7 Abs. 2 Nummer 7, Abs. 4 BauNVO. Jedoch haben die Gemeinden von Möglichkeit der entsprechenden Festsetzung bisher nur sehr begrenzt Gebrauch gemacht. Dies liegt auch daran, dass bei der Festsetzung von Baugebieten sowie Zulassung von Vorhaben stets zu beachten ist, dass die allgemeine Zweckbestimmung Baugebiets gewahrt bleibt.

Die geplanten Änderungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Wohnungen im Kerngebiet wirken sich nur auf, wenn die Gemeinden neue Bebauungspläne aufstellen oder bestehenden Bebauungspläne ändern. Bei bestehenden Bebauungsplänen ist jeweilige Fassung der BauNVO anzuwenden, die zum Zeitpunkt der Auslegung des Bebauungsplanentwurfs galt.

Aufnahme der Nutzungsart „Musikclubs“

Die neue Nutzungsart „Musikclubs“ soll künftig in Mischgebieten, urbanen Gebieten und Kerngebieten allgemein und in besonderen Wohngebieten, Dorfgebieten und Gewerbegebieten ausnahmsweise zulässig sein. Hierdurch soll insbesondere eine normativ klarere Abgrenzung zu Vergnügungsstätten erfolgen, die in vielen Bebauungsplänen ausdrücklich ausgeschlossen werden. Musikclubs (Clubs, Live-Musikspielstätten, im Einzelfall auch Diskotheken) können ein wichtiges Element des kulturellen Lebens sein und weisen daher einen kulturellen Bezug auf. Eine Einordnung als Anlagen für kulturelle Zwecke kommt jedoch aufgrund anderer städtebaulicher Auswirkungen und Anforderungen nicht in Betracht. Zudem ist eine Aufnahme von Gebieten für Musikclubs in die Aufzählung der sonstigen Sondergebiete gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO geplant.

Die praktische Relevanz der neuen Nutzungsart „Musikclubs“ dürfte zwar überschaubar sein, dennoch ist die Regelung sinnvoll. Die Privilegierung der Musikclubs in Form einer eigenen Nutzungsart gegenüber anderen Nutzungen ist berechtigt, um die positiven städtebaulichen und kulturellen Wirkungen von Musikclubs aus dem Kreis der Vergnügungsstätten auszuklammern.

Innovationsklausel

Nach der sogenannten „Innovationsklausel“ sollen bestehende Bauleitpläne im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB auf die jeweils geltende Fassung der Baunutzungsverordnung umgestellt werden können.

Entwickelt der Verordnungsgeber die Vorschriften der Baunutzungsverordnung etwa über Art und Maß der baulichen Nutzung weiter, können Gemeinden diese vom Verordnungsgeber für sachgerecht befundenen Änderungen über ein vereinfachtes Verfahren auf Bestandspläne übertragen, das keiner Umweltprüfung bedarf und ein gestrafftes Beteiligungsverfahren vorsieht.

Die Innovationsklausel kann aus unserer Sicht zu einer Beseitigung des “Flickenteppichs“ führen, der dadurch entstanden ist, dass für die jeweiligen Bebauungspläne die zum Erlasszeitpunkt geltende Baunutzungsverordnung (BauNVO 1962, 1968, 1977, 1990) anzuwenden ist. Die unterschiedlichen Fassungen der BauNVO stellen sich insbesondere bei der Berechnung der GRZ und der GFZ als problematisch dar. Durch eine einfachere Anpassung der Bestandsbebauungspläne kann eine sinnvolle Vereinheitlichung auf die aktuelle Baunutzungsverordnung herbeigeführt werden.