Viele Kommunen haben sich daher das Ziel gesetzt, „Schwammstadt“ werden zu wollen. Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung nicht nur in der Wohnungsnot, sondern auch in der Veränderung klimatischer Bedingungen einen Anlass, die Regelungen des Baurechts anzupassen.
Im Rahmen der Bauleitplanung sind die Erfordernisse des Klimaschutzes und der Klimaanpassung künftig verstärkt zu berücksichtigen. Auch sollen die Gemeinden durch eine deklaratorische Aufzählung in § 191a BauGB-E gestärkt werden, die gesetzgeberischen Instrumente zur Klimaanpassung (insb. Vorkaufsrechte, städtebauliche Sanierungsmaßnahmen, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen, Stadtumbaumaßnahmen, städtebauliche Gebote) anzuwenden.
Folgende Neuregelungen sind weiter von besondere Bedeutung:
Ergänzende Anforderungen an Vorhaben im unbeplanten Innenbereich
Künftig sollen bei der Zulassung von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BauGB-E) ergänzende Anforderungen gestellt werden, die der Klimaanpassung, insbesondere der Vermeidung und Verringerung von erhöhter Hitzebelastung und Schäden aus Starkregenereignissen, dienen. Weiter wird die Durchsetzung von Pflanz- und Maßnahmengeboten verschärft, welche in Bebauungsplänen festgesetzt sind (§ 178 BauGB-E).
Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen werden in dem Gesetzesentwurf um Anforderungen erweitert, die der Klimaanpassung dienen. Konkrete Anforderungen nennt der Gesetzesentwurf hierbei nicht. In der Begründung zum Entwurf zählt der Gesetzgeber exemplarisch die Schaffung von Versickerungsanlagen, Dachbegrünung, Baumpflanzungen oder die Verwendung hochwasserresistenter Baustoffe auf.
Die Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der Hitzeperioden und Starkregenereignisse zur Sicherung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse grundsätzlich nachvollziehbar.
Die neue Regelung in § 34 Abs. 1 BauGB stößt jedoch auch auf Bedenken. Zunächst ist festzuhalten, dass etwa die Hälfte der Bauvorhaben in Deutschland nach § 34 BauGB beurteilt wird. Für diese birgt die neue Regelung durch zusätzliche Anforderungen nicht nur die Gefahr steigender Baukosten. Durch die Neufassung entsteht in der Planung von Vorhaben eine zusätzliche Ungewissheit hinsichtlich der Zulässigkeitsanforderungen.
Diese Ungewissheit wird dadurch gesteigert, dass § 34 Abs. 1 BauGB-E in Form des Entwurfs keine konkreten Kriterien aufstellt, sondern nur festlegt, dass diese der Klimaanpassung dienen müssen. Dieses Tatbestandsmerkmal ermöglicht durch seine offene Formulierung zwar entsprechende Reaktionsmöglichkeiten auf die unterschiedlichen Auswirkungen infolge des Klimawandels. Für Bauherren und die Wirtschaft hat dies aber eine nicht unbeträchtliche Rechtsunsicherheit zur Folge.
Weiterhin ist fraglich ob die Anpassung des Städtebaus an den Klimawandel in den Aufgabenbereich der Genehmigungsbehörden fallen sollte.
Vor diesem Hintergrund halten wir es für geboten, den Wortlaut des Gesetzes dahingehend zu ändern, das die Gemeinden Satzungen, die Anforderungen der Klimaanpassung regeln, nicht aufstellen können, sondern erlassen sollen. Auch wäre denkbar zu regeln, dass entsprechende Anforderungen nur auf Grundlage einer entsprechenden Satzung gestellt werden können. Durch eine dem Genehmigungsverfahren vorweggenommene Festlegung der Vorgaben durch Erlass einer Satzung würde die Gemeinde Einfluss auf das Genehmigungsverfahren haben, dieses aber gleichzeitig abgekürzt werden. Darüber hinaus würde dies auch ein höheres Maß an Rechtssicherheit zur Folge haben.
Der Versiegelungsfaktor als Teil des zulässigen Maß der Nutzung
Zukünftig soll das Maß der Nutzung in Bebauungsplänen gemäß § 16 Abs. 2 BauNVO-E neben den bekannten Faktoren (Grundfläche, Geschossfläche, Zahl der Vollgeschoss und Höhe baulicher Anlagen) durch einen „Versiegelungsfaktor“ geregelt werden können.
Der Versiegelungsfaktor gibt die maximal zulässige durchschnittliche Wasserundurchlässigkeit je Quadratmeter an, bezogen auf die Fläche des Baugrundstücks im Sinne des § 19 Absatz 3 BauNVO oder eines im Bebauungsplan zu bestimmenden Teils dieser Fläche (Bezugsfläche). Die Ermittlung des Versieglungsfaktors wird in Absatz 2 näher geregelt. Bisher wird die Frage der zulässigen Versiegelung des Baugrundstücks durch Festsetzung von Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen gesteuert.
Die Regelungen sind aus unserer Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Bisher gehen die Baugenehmigungsbehörden teilweise davon aus, dass auch schwach- bzw. teilversiegelte Flächen bei der Berechnung der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen vollständig anzurechnen seien. Gleiches gilt für Flächen in Form von Grün- und Retentionsgründächern.
Eine bundesrechtliche Regelung in der Baunutzungsverordnung schafft Rechtssicherheit. Zugleich ist zu hoffen, dass sich die nun eindeutigen Regelungen zur Bestimmung der Wasserundurchlässigkeit positiv auf Fragen der Überschreitung der GRZ in alten Bebauungsplänen auswirkt.
Unklar ist bisher, in welchem Verhältnis der Versiegelungsfaktor zu Grundflächenzahl oder Größe der Grundfläche stehen soll.
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