Fünf Vorschläge um sofort das 14 Punkteprogramm der Bundesregierung zugunsten des Wohnungsbaus entscheidend zu verbessern - Oberthür & Partner

Fünf Vorschläge um sofort das 14 Punkteprogramm der Bundesregierung zugunsten des Wohnungsbaus entscheidend zu verbessern

Roland Hoinka | Rechtsanwalt | Partner

Bereits bisher enthält das Programm gute Ansätze, es wird nur zu kurz gesprungen.

Die Bundesregierung will mit ihrem vor 14 Tagen veröffentlichten 14 Punkteprogramm die schwächelnde Wohnungswirtschaft wirksam unterstützen und die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbaren neuen Wohnungen für die nächsten Jahre sicherstellen. Die Notwendigkeit einer schlagkräftigen und dauerhaft wirksamen Unterstützung der Wohnungswirtschaft durch die Bundesregierung ist offensichtlich. Das 2021 im Regierungsprogramm festgelegte Ziel der Fertigstellung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr kann ohne ein sofort wirksames, zielgenaues und damit erfolgreiches Programm der Bundesregierung nicht mehr erreicht werden.

Bereits in diesem Jahr werden die neu begonnenen Wohnungsbauten deutlich unter 200.000 sinken. Ohne erfolgreiche politische Gegenmaßnahmen wird ab 2024 auch die Zahl der fertiggestellten Wohnungen unter dieser Schmerzgrenze liegen. Ohne das nachhaltige Erreichen der selbst gesteckten und auch für den sozialen Frieden zwingend notwendigen Zielmarke von 400.000 neuen im Bau befindlichen Wohnungen spätestens im Jahr 2025 dürfte eine Wiederwahl dieser Regierungskoalition kaum möglich sein. Die entscheidenden Schritte müssen bis spätestens Anfang 2024 gegangen werden, um diese Vorgaben zu erreichen. Die Parteien der Ampel wissen um diesen Zusammenhang und deshalb sehen wir als rechtliche Experten und Berater der Wohnungswirtschaft gute Chancen, gemeinsame Forderungen noch zeitnah durchzusetzen.

Kann und wenn ja wie kann das neue 14 Punkteprogramm die zwingend notwendigen Zielzahlen für die neuen Wohnungen erreichen?

Entgegen ersten überwiegend negativen Stellungnahmen der betroffenen Verbände enthält bei genauer Prüfung das Programm der Bundesregierung eine Reihe von guten Ansätzen, die in die beabsichtigte Richtung weisen. Insgesamt sind aber wichtige Maßnahmen zu halbherzig und andere noch zu wenig konkret und müssen dringend verschärft oder zugespitzt werden, um die gewünschten Ziele zu erreichen.

Dieses für manche vielleicht überraschende Ergebnis wollen wir an den wichtigsten Elementen des 14 Punkteprogramms erläutern und gleichzeitig Vorschläge unterbreiten, um das Programm erfolgreich zu machen und die Zahl der begonnenen neuen Wohnungen spätestens ab 2025 auf 400.000 pro Jahr anzuheben.

Die angestrebte Verbesserung für die Eigentumsförderung der jungen Mittelschichtsfamilien ist zwingend erforderlich (Punkt 5). Die festgesetzten Fördervoraussetzungen erreichen aber zu wenig Familien. Der Wohnbedarf einer dreiköpfigen Familie liegt im Neubau bei ca. 100qm. Dafür muss zurzeit in den größeren Städten ein Preis inklusive Grundstück von 700.000€ bezahlt werden. Bei Ausschöpfung aller sonstigen staatlichen Förderungen, auch der geplanten Senkung der Erwerbsnebenkosten und eines angemessenen Eigenkapitalanteils müssen davon 600.000€ finanziert werden. Selbst bei dem Höchstbetrag des neu festgesetzten Förderkredits müssen mindestens 330.000,00 € zu marktüblichen Konditionen finanziert werden. Bei einem Marktzins von 4% und einer Tilgung über alles von 2% p.a. liegt die monatliche Anfangsbelastung einer jungen Familie für den Kapitaldienst bei mindestens 2.000,00 €. Das mag für eine Familie mit 89.000,00 € zu versteuerndem Jahreseinkommen gerade noch machbar sein, aber spätestens bei weniger als 80.000,00 € wird das unmöglich werden. Es gibt also nur einige wenige Familien, die diese Bedingungen erfüllen, und deshalb wird es viel zu wenig potenzielle Antragsteller geben für den gewünschten Wumms zugunsten der Wohnungswirtschaft.

Andererseits ist es ein wichtiges sozialpolitisches Signal die Einkommensobergrenze unter 100.000,00 € zu belassen, um nicht der sonstigen Mittelschicht den Eindruck zu vermitteln, hier werden nur die Besserverdienenden in ihrer Eigentumsbildung staatlich gefördert.

Wir schlagen deshalb vor, die Einkommensgrenze für junge Familien bei 90.000,00 € zu belassen, aber ausdrücklich festzulegen, bei der Berechnung der Fördergrenze die drei Grundfreibeträge der Familienmitglieder vorher abzuziehen. Damit dürfte sich die Zahl der Berechtigten vervielfachen und damit eine zielgenaue Förderung erreicht werden. Viele neue Wohnungen oder Wohnhäuser werden für die kommenden Leistungsträger unserer Gesellschaft sofort finanzierbar.

Bei der Verbesserung der Bedingungen für den Mietwohnungsbau ist die Verdoppelung der bereits vorgesehenen linearen Abschreibung von 3% auf 6% außerordentlich positiv (Punkt 1). Sowohl für die Finanzierung insgesamt als auch für Mobilisierung von Mezzanine-Kapital als Eigenkapitalersatz werden mehr Investoren mit erhöhten Abschreibungsinteressen angesprochen. Eine Kombination mit den KfW Förderprogrammen 297 und 298 ist möglich, führt aber noch nicht zur gewollten Schubkraft. Die in diesen Förderprogrammen aktuell vorgesehen Obergrenze von 150.000,00 € pro WE fördert einerseits den Bau von zu kleinen WE von höchstens 50qm und außerdem kann ohne die steuerliche Begünstigung immer noch kein positives Cashflow Ergebnis erreicht werden.

Damit mindestens ein neutrales Ergebnis erzielt werden kann, schlagen wir vor, die begünstigten Fördermittel noch einmal zu erhöhen, und zwar statt einer festen Zahl als Deckel auf eine Obergrenze von 3.000,00 € pro qm Wfl. bei einer Deckelung von 80 qm pro WE. Damit werden einerseits die gewollten etwas größeren Mietwohnungen gefördert und außerdem ein kleiner realer Überschuss für den Investor vor Steuer ermöglicht. Eine solche kleine Erhöhung der Förderung von höchstens 90.000,00 € pro WE dürfte die Zahl der neuen frei finanzierten Mietwohnengen insbesondere in den besonders belasteten Ballungszentren pro Jahr verdoppeln und einen echten Schub für die Wohnungswirtschaft bewirken.

Die vorgesehen etwas mehr als 18 Milliarden € für den sozialen Wohnungsbau in den kommenden Jahren werden aus unserer Sicht sehr hilfreich sein (Punkt 4). Zusammen mit den unterschiedlichen bereits bestehenden Förderprogrammen der Bundesländer werden diese Mittel ausreichen, um dauerhaft etwa 100.000 bis 130.000 dringend benötigte sozial geförderte Wohnungen pro Jahr zu errichten.

Für alle drei beschriebenen Fördersegmente, also Wohneigentum, frei finanzierte Mietwohnungen und sozial geförderte Wohnungen, sollten die bereitgestellten Fördermittel nicht an die Errichtung eines KfW 40 Hauses gebunden werden. An dem Ziel der Klima Optimierung muss selbstverständlich festgehalten werden. Besser wäre in allen Fällen eine Orientierung an der CO2 Neutralität und die mit einer solchen Vergrößerung der Handlungsmöglichkeiten verbundene Technikoffenheit.

Dasselbe Prinzip sollte auch bei der geplanten und noch zu konkretisierenden Förderung des Umbaus nicht mehr genutzter Gewerbeimmobilien in Wohnungen gelten (Punkt 7). Neben der Bestimmung der anzustrebenden CO2 Neutralität kann eine solche Initiative nur Erfolg haben, wenn auch bei anderen Standards für einen solchen Umbau nicht die gleichen gesetzlichen Anforderungen an den Wohnungsbau gestellt werden, wie bei neuen errichteten Wohnungsbauten. Nur wenn mithilfe baulicher und gesetzlicher Öffnungsklauseln die Kosten merklich unter vergleichbaren Neubaukosten liegen können, werden solche Gewerbebauten in erheblichem Umfang in Wohnungen umgebaut.

Besonders begrüßenswert ist die vorgesehene bundesgesetzliche Regelung einer Genehmigungsfiktion für alle Wohnungsbauvorhaben nach 3 Monaten (Punkt 13). Aus den bereits seit einigen Jahren bestehenden Regelungen in einigen Landesbauordnungen wissen wir aber, dass die Genehmigungsbehörden versuchen, diese Fiktion zu unterlaufen mit häufig mehrmals wiederholtem Hinweis auf vermeintlich nicht vollständige Bauvorlagen. Dies ist ein echtes Ärgernis, obwohl nachvollziehbar ist, dass die Vorlage von ausreichenden Bauvorlagen notwendig ist, um den Genehmigungsbehörden die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Bauvorhaben zu ermöglichen.

Dagegen hilft nur eine doppelte Fiktion, und zwar in formeller und in materieller Hinsicht. Nach Einreichung des Bauantrages für Wohnungsbauvorhaben und Bauvorhaben mit überwiegenden Wohnanteil unterhalb der Hochhausgrenze hat die Bauaufsichtsbehörde vier Wochen, und zwar nur einmal, Zeit, etwaige erforderliche Bauvorlagen nachzufordern. Nach Ablauf dieser Frist oder Einreichung der innerhalb der vier Wochenfrist nachgeforderten Unterlagen, gelten die vorliegenden Bauvorlagen als vollständig und drei Monate nach fiktiver Vollständigkeit gilt die Baugenehmigung auch materiell fiktiv als erteilt.

Diese Maßnahme führt zu einer deutlichen Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und damit gleichzeitig zur besseren Planbarkeit des Bauvorhabens und seiner Finanzierung.

Besonders interessant ist der Vorschlag der Bundesregierung, eine geänderte gesetzliche Regelung in § 246 Abs. 14 BauGB vorzusehen (Punkt 3). Am besten wäre, wie bisher bei Unterkünften für Flüchtlinge, auch bei dem Bau bezahlbarer Mietwohnungen die Errichtung von Wohnungen in ausgewiesenen oder faktischen Gewerbegebieten zu ermöglichen, soweit dies gegenüber den vorhandenen Gewerbebetrieben in der Nachbarschaft zumutbar ist. Diese Entscheidung könnte einen erheblichen sofort wirksamen Flächenzuwachs von Grundstücken nach sich ziehen, die für den Wohnungsbau verfügbar gemacht werden können.  In der Regel dürften diese zusätzlichen Flächen auch noch zu geringeren Preisen sofort dem Wohnungsmarkt bereitgestellt werden können.

Eine solche befristete gesetzliche Vorschrift könnte darin bestehen, dass in ausgewiesenen und faktischen Gewerbegebieten von Anfang 2024 bis Ende 2026 Wohngebäude zugelassen werden können, deren monatliche Nettokaltmiete in den ersten 12 Monaten nach Errichtung bei weniger als 15,00 € pro qm liegen muss. Eine solche Reglung führt auch politisch zu der Botschaft, Unterkünfte für Geflüchtete durch den Gesetzgeber nicht besser zu behandeln als bezahlbare Mietwohnungen.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass mit dem 14 Punkteprogramm der Bundesregierung der gewollte Wumms für die Wohnungswirtschaft zur Sicherung des sozialen Friedens noch erreicht werden kann. Zwingend notwendig ist aber die Ergänzung dieses Programms um mindestens fünf entscheidende Verbesserungen:

  1. Bei der Förderung des Wohnungseigentums für junge Familien bleibt es bei der Bemessungsobergrenze von 90.000,00 €. Für die Ermittlung der Förderfähigkeit einer Familie werden aber die steuerlichen Grundfreibeträge aller Mitglieder der Familie vorher vom sogenannten zu versteuernden Einkommen abgezogen.
  2. Alle bestehenden klimapolitischen Förderprogramme des Bundes für das Bauen von Wohnungen werden umgestellt auf die Erfüllung der Anforderung einer CO2 Neutralität statt wie bisher des KfW 40 Hauses.
  3. Für den Bau frei finanzierter Mietwohnungen werden die Höchstgrenzen der von dem Bund geförderten Kreditsummen angehoben und geändert. Dabei soll der Maßstab bei 3.000,00 € pro qm Wfl. liegen, bei einer Kappung von 80 qm Wfl.
  4. Es wird durch eine bundesgesetzliche Regelung für den Bau aller Wohngebäude und der überwiegend aus Wohnflächen bestehenden Mischgebäude eine doppelte Genehmigungsfiktion eingeführt. Zunächst wird spätestens einen Monat nach Stellung eines Bauantrages die Vollständigkeit aller Unterlagen nach der jeweiligen BauVorlVO fingiert. Die materielle Baugenehmigung gilt in einem zweiten Schritt drei Monate nach Einreichung vollständiger Unterlagen als erteilt.
  5. Die Errichtung bezahlbarer und gleichzeitig klimaneutraler Wohnungen wird durch Anpassung des § 246 Abs. 14 BauGB für drei Jahre bis Ende 2026 privilegiert und damit den Flüchtlingsunterkünften gleichgestellt.

Roland Hoinka
Rechtsanwalt – Partner der Kanzlei Oberthür & Partner -