Soziale Erhaltungsverordnung Barmbek-Süd unwirksam – Fallen nun weitere Erhaltungsverordnungen? - Oberthür & Partner

Soziale Erhaltungsverordnung Barmbek-Süd unwirksam – Fallen nun weitere Erhaltungsverordnungen?

von: Lars Friedrich Borchardt | Rechtsanwalt | Partner

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 14. Februar 2023 (Az.: 2 E 6/21.N) die soziale Erhaltungsverordnung der Freien und Hansestadt Hamburg im Bereich des Stadtteils Barmbek-Süd vom 23. November 2020 für unwirksam erklärt.

Weitreichende Folgen wird dieses Urteil nach unserer Einschätzung wegen der Aussagen des OVG zur materiellen Rechtswidrigkeit der Erhaltungsverordnung haben.

Zum einen stellt das Gericht fest, dass die Begründung der Verordnung fehlerhaft sei, da nicht die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Erhaltungsgebiet, sondern die Zusammensetzung der Bevölkerung im gesamten Stadtteil Barmbek-Süd betrachtet worden war.

Besonders brisant ist, dass das Gericht die der Verordnung zugrunde liegende Untersuchung als ungenügend bewertet. Das Gericht ist nicht überzeugt, dass die durchgeführten Haushaltsbefragungen repräsentativ gewesen sei. Diese Untersuchung wurde dabei nicht nur der Erhaltungsverordnung Barmbek-Süd sondern auch den Erhaltungsverordnungen für die Bereiche Barmbek-Nord und Jarrestadt zugrunde gelegt.

Mit diesem Urteil hat das OVG seine Rechtsprechung aus 2014 zu den Anforderungen an Haushaltsbefragungen konkretisiert und verschärft. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Das Institut der sozialen Erhaltungsverordnung kommt damit auch in Hamburg immer mehr unter Druck. Bereits mit Urteil vom 9. November 2021 hatte das Bundesverwaltungsgericht der weiten Anwendung der gemeindlichen Vorkaufsrechts im Bereich sozialer Erhaltungsverordnungen einen Riegel vorgeschoben.

Stand heute gibt es im Gebiet der FHH neben den zuvor genannten folgende soziale Erhaltungsverordnungen:

Eilbek, Altona-Nord, Eimsbüttel/Hoheluft-West/Stellingen-Süd, Nördliche Neustadt, Bahrenfeld-Süd, Ottensen, Eimsbüttel-Süd, Altona-Altstadt, Osterkirchenviertel, Sternschanze, St. Pauli, St. Georg sowie Südliche Neustadt.

Eine Übersicht der Geltungsbereiche ist unter https://www.hamburg.de/soziale-erhaltungsverordnungen/downloads/ (externer Link) verfügbar.

Diese Verordnungen können dabei zwar nicht mehr direkt im Rahmen einer Normenkontrolle angegriffen werden. Werden jedoch Maßnahmen (wie z.B. Genehmigungserfordernisse) auf eine Erhaltungssatzung gestützt, ist diese Verordnung stets inzident auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

Wir empfehlen vor diesem Hintergrund bei allen Grundstücken, welche im Geltungsbereich von sozialen Erhaltungsverordnungen liegen, kritisch zu prüfen, ob die jeweilige Verordnung den verschärften Anforderungen der Rechtsprechung des OVG auch tatsächlich gerecht wird und gegebenenfalls zeitnah dessen Geltung anlässlich eines konkreten Genehmigungsverfahrens zu überprüfen.