Angesichts der gravierenden Wohnungsnot – insbesondere in Innenstadtlagen – haben sich Bund und Länder am 26. November 2023 auf einen „Bau-Turbo-Pakt“ zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau und zum Ausbau von Dachgeschossen verständigt.
Eine der wichtigsten Neuregelungen zur Ausschöpfung von Wohnungsbaupotenzialen ist der § 246e BauGB, der voraussichtlich Anfang nächsten Jahres in das Baugesetzbuch eingeführt wird. Nach § 246e BauGB kann in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt mit Zustimmung der Gemeinde von allen Vorschriften des Baugesetzbuches oder den aufgrund des Baugesetzbuches erlassenen Vorschriften abgewichen werden, wenn die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Voraussetzung ist, dass das Vorhaben der Errichtung eines Wohnzwecken dienenden Gebäudes mit mindestens sechs Wohnungen dient (Nr. 1), ein zulässigerweise errichtetes, Wohnzwecken dienenden Gebäudes umgenutzt oder erweitert wird und hierdurch neue Wohnung geschaffen oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar wird (Nr. 2) oder eine Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken erfolgt (Nr. 3). Die Regelung wird zunächst befristet bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026.
Angewendet auf die einzelnen Baugebiete bedeutet die Regelung Folgendes:
Die Regelung gilt für Vorhaben in allen Baugebieten, auch im Außenbereich. Im Rahmen bestehender Bebauungspläne sind Neubauten nicht mehr – wie bisher – nur zulässig, wenn es sich um reine oder allgemeine Wohngebiete handelt, sondern auch in Gewerbe-, Industrie-, Kern- und Sondergebieten könnten Wohngebäude errichtet werden. Gleiches gilt für „faktische Baugebiete“ im unbeplanten Innenbereich, in denen bisher keine Wohnnutzung zulässig ist. Im Außenbereich findet die Regelung des § 246e BauGB mit der Einschränkung Anwendung, dass das Vorhabengrundstück an ein Bebauungsplangebiet oder ein Gebiet im unbeplanten Innenbereich angrenzen muss. Es muss sich um ein benachbartes unbebautes Grundstück im Außenbereich handeln.
Da das Stadtgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg gemäß § 201a BauGB zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt worden ist, findet die Regelung flächendeckend Anwendung. Einzige Einschränkung ist das Zustimmungsbedürfnis der Freien und Hansestadt Hamburg, welches – anders als das gemeindliche Einvernehmen – nicht ersetzt werden kann. Die Zustimmung der Baugenehmigungsbehörde gilt aber – in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB – als erteilt, wenn die Baugenehmigungsbehörde nicht binnen zwei Monaten die Zustimmung verweigert.
Durch die Neuregelung wird aber nicht nur die Neuerrichtung von Wohngebäuden erleichtert, sondern auch die Aufstockung bestehender Gebäude oder die Nutzungsänderung von Bestandsgebäuden gefördert. Anders als bei der Neuerrichtung eines Wohngebäudes wird die Privilegierung nicht an die Errichtung einer bestimmten Anzahl von Wohnungen geknüpft, da in „Wohnraumgemengelagen" jede Wohnung zählt. Außerdem sind Änderungen bestehender Nutzungen in Wohnnutzungen möglich. Auf diesem Wege könnten beispielsweise im Innenstadtbereich leerstehende gewerbliche Nutzungen in Wohnnutzungen umgewandelt werden.
Im Ergebnis ist die Regelung ein „Meilenstein" für den Wohnungsbau. In allen Baugebieten sind künftig Neubauten denkbar, Umnutzungen bestehender Gebäude und Aufstockungen werden privilegiert. Planen Sie die Errichtung eines Wohngebäudes, eine Nutzungsänderung eines bestehenden Gebäudes zu Wohnzwecken oder eine Aufstockung eines Bestandsgebäudes mit Wohnungen, so sind spätestens mit der Beschlussfassung über die Gesetzesänderung die idealen Voraussetzungen für einen Bauantrag gegeben. Gerne beraten wir Sie zu der Umsetzung Ihres Vorhabens.